Ich war gerade in Cairns gelandet. Und das war meinem Körper schmerzlich klar. Denn zum Einen machte sich das Wetter mit drückender Schwüle und angenehmen Temperaturen in den oberen Dreißigern bemerkbar und zum anderen hatte ich fünfzig neue Mückenstiche gezählt. Ich war gerade einmal 15 Minuten da. Das fing gut an. Das Taxi fuhr schnurstracks durch eine ausgedehnte Sumpflandschaft und mir war klar, das hier würde kein Zuckerschlecken werden.
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Die Jobsuche als Backpacker ist gar nicht so leicht
Ich hatte mir nicht nur vorgenommen Australiens Ostküste alleine hinunterzureisen, sondern auch endlich einen typischen Working Holiday Job an Land zu ziehen. Meine Lebensläufe – ich hatte an der Zahl drei für verschiedene Arten von Aushilfsjobs – waren bereit und in Masse gedruckt. Ich war es leider nicht, aber da musste ich durch. Ohne lange nachzudenken, deponierte ich meine Habseligkeiten in meinem Hostel und wanderte die menschenleeren Straßen in der glühenden Mittagssonne entlang. Ich war auf der Suche nach Orte, wo Menschen arbeiteten. Ich war nicht sehr wählerisch.
Ich tingelte von Restaurant zu Restaurant, von Kiosken zu Tauchershops, immer auf der Suche nach freien Stellen. Ok, tauchen konnte ich nicht. Da engte sich meine Liste ein. Nein, gekellnert hatte ich auch nie, also vielen Hotelrestaurants aus. Ja, kochen konnte ich. Aber auf einem Boot für zwanzig Leute? Nein, da hatte ich keine Erfahrung. Es war zum Verzweifeln. Aber ja, es gab ja noch Personalvermittlungsfirmen. Und die wollten einiges wissen und Kopien meiner Personalien und des Visums. Also nochmal zurück zum Hostel.
Die Sonne und der Stress machten es mir nicht gerade leicht, aber ich wollte es so schnell wie möglich hinter mich bringen meinen Stapel an Lebensläufen unter die Leute der Stadt zu bringen. Wo ich keinen Erfolg hatte – was oft vorkam – quetschte ich aus den Leuten Vorschläge heraus, wo ich mich noch bewerben könnte. Es alle waren sich einig: überall suchten sie, nur nicht hier. Es war zum Haareraufen. Und dann kam ich schließlich an einer Werbeagentur an. Moment mal, bei so etwas hatte ich schon mal gearbeitet! Voller Freude stellte ich mich vor und es lief super.
Bis ich meine Handynummer mitteilen sollte. Sie wollten mich zurückrufen und mir ihre Nummer geben. So begann ich nach meinem Telefon zu suchen. Und zu kramen. Und panisch herumzuwühlen. Es war nicht da. Mit fahlem Blick erhob ich ganz vorsichtig meinen Kopf und entschuldigte mich mal eben. Da stand ich nun auf der Straße vor dem Gebäude, wo ich eine potentielle und sogar vernünftige Chance gewesen hätte und in meinem Kopf war blanke Leere.
Nun ja, das war so nicht ganz richtig. Es tobte ein Sturm, es schlugen Blitze ein und ein leeres Loch drohte alles zu verschlingen. Ich war kurz vor der Implosion. Das war es dann. Keine Jobs, um mich über Wasser zu halten. Kein Telefon für Notfallanrufe. Keine Apps zur Orientierung. Kein mobiles Internet zum Arbeiten. Ich war geliefert. Noch nie hatte ich mich so allein in der Welt gefühlt. Wer würde mich erreichen können? Wo würde ich so schnell ein neues Handy bekommen ohne gefühlt bankrott zu werden? Und würde mein Handycode geknackt und in meine Daten gehackt werden?
Wenn man vom Handy abhängig ist
Ich fühlte mich wehrlos und war verzweifelt. Mir war nicht bewusst gewesen, wie sehr ich von dem kleinen mobilen Monster abhängig geworden war. Es blieb nur eins: ich musste jeden meiner Schritte zurücklaufen. Beim besten Willen konnte ich mich nicht erinnern, wo ich das Telefon zum letzten Mal gesehen hatte, aber es blieb keine Zeit zum Nachdenken. Und so lief ich denselben Weg zurück. In jedem der fünfzig Geschäfte, die ich bereits betreten und wo ich mich als gut organisiert und verantwortungsvoll vorgestellt hatte, beichtete ich meine Vergesslichkeit und wurde doch nicht fündig.
Die einen waren sich sicher, dass ich kein Handy dabei hatte andere wiederum hatten es angeblich in meiner Hand gesehen. Es ergab keinen Sinn. Ein paar Versuche wurden gestartet bei meinem verloren gegangenen Handy anzurufen, da ich die Telefonnummer auf meinem Lebenslauf angegeben hatte. Doch ich wusste, ich hatte es auf stumm geschaltet. Ich wollte ja keinen schlechten Eindruck machen, wenn das Telefon mitten im Gespräch klingeln würde. Ein Ladenbesitzer war Besonders lieb. Er wusste es genau, ich hatte das Telefon in der Hand, als ich mit ihm geredet hatte.
Und so lief ich den Weg erneut, denn wenn er es tatsächlich gesehen hätte, brauchte ich bei den anderen Läden ja nicht mehr nachfragen. War das Telefon inzwischen denn gefunden wurden?, so fragte ich erneut. Und erneut. Ich machte mir keine Freunde. Fix und fertig fasste ich den Entschluss aufzugeben und begab mich auf zum Rückzug. Ich lief am Laden des Mannes vorbei und startete einen letzten Versuch. Ich ging in das Geschäft, welches ich vor seinem besucht hatte.
Siehe da, die gleiche gelangweilte Azubi döste auf der Theke und als ich geknickt auf sie zuging, um meine Handysucher zum tausendsten Mal über meine Lippen zu bringen, sah ich es: ein kleines schwarzes Handy neben ihrem linken Ellenbogen. In völliger Verblüffung starrte ich es an und nährte mich wie von einem unsichtbaren Band gezogen. Es war pure Magie! Die Frau hob ein Augenlid etwas höher und schielte auf meinen Schatz. Ach, das wäre ein Handy? Sie wäre sich nicht sicher gewesen, was das schwarze Ding denn sei und warum es ständig vibriert hatte.
Gelangweilt schob sie es herüber und wollte sich wieder ihrem Schönheitsschlaf widmen, als sie meine Lobhuldigungen widerwillig über sich ergehen lassen musste. Ich glaube, ich umarmte sie sogar. Am Ende hatte ich mein Telefon wieder und würde es nie wieder verlegen. Das jedenfalls schwor ich mir. Natürlich sah die Realität anders aus. Und zurückgerufen wurde ich auch nicht.
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