Gib es zu, wann bist du tatsächlich mal ganz alleine gereist? Viele schütteln nur mit dem Kopf, wenn ich ihnen erzähle, wie toll es ist und dass jeder einmal alleine reisen sollte. Ist das nicht langweilig? Oder gar gefährlich? Absolute nicht! Man trifft wunderbar einfach Leute, gerade wenn man alleine reist. Man ist sich seiner Umgebung und seinen eigenen Befindlichkeiten bewusster und reist (hoffentlich) vorsichtiger, wenn man weiß, dass man sich nur auf sich selbst verlassen kann. Und man wächst als Person beim alleine Reisen.
Selbstbewusstsein
Noch vor ein paar Jahren hätte ich mir nie träumen lassen, auf Weltreise zu gehen – und schon gar nicht alleine zu reisen. Ich betrachtete meine Kommilitonen mit Work & Travel Erfahrung mit Ehrfurcht und dachte, dass ich nie zu so etwas Mutigem fähig werde. Inzwischen schwamm ich mit riesigen Tunfischen, schlief im offenen Schlafsack im australischen Outback, badete in einem Vulkan und flog über Baumspitzen einen Berg hinunter beim Ziplining in Costa Rica und Neuseeland. Ich hätte nie gedacht, dass ich in ein riesiges Kissen von einem Sprungturm auf dem Harzer Bocksberg springen würde. Oder, dass ich an unzählige australische Türen würde, um Geld als Salesperson zu verdienen (ich hasse Sales). Und doch kann ich mit Stolz sagen, dass ich immer wieder über mich hinauswachse.
Selbstverständnis
Ständig mit sich selbst beschäftigt zu sein, wenn man alleine reist, führt unweigerlich dazu, dass man etwas über sich lernt – Gutes und Schlechtes. Man muss sich mit seinen eigenen Ängsten, Wünschen und Vorstellungen auseinanderzusetzen. Da kann es schon zu einem Gefühlschaos kommen. Das ist ganz normal. Außerdem lernt man dann seine Grenzen kennen, pusht sich selber und weiß schlussendlich besser, was man mag und was einfach nicht sein muss. Zum Beispiel wusste ich, dass ich Fraser Island nicht unbedingt sehen musste, ließ mich überreden und am Ende hatte ich recht: Es war nichts für mich. Vielleicht irgendwann mal in der Zukunft, aber zum damaligen Zeitpunkt hatte ich genug von gehetzten Tagesreisen und endlosen Sandstränden.
Entscheidungsfreudigkeit
Wenn man auf sich alleine gestellt ist und plötzliche Hindernisse aus dem Weg schaffen muss, da lernt man schnell, wichtige Entscheidungen zu treffen. Ich selbst bin fürchterlich unentschlossen. Frag mich bloß keine Frage, die ein „oder“ enthält, da könnte sich meine Antwort ziehen. Oder ich schiebe dir einfach die Qual der Wahl zu. Aber sobald ich ganz alleine durch die Welt reise, habe ich weder die Möglichkeit, mich vor einer Antwort zu drücken oder die Verantwortung abzugeben. Ich muss handeln.
Persönliche Herausforderungen
Manche Entscheidungen können extrem entscheidend oder gar lebenswichtig sein gerade beim alleine Reisen. Ganz alleine zu reisen stellt einem da vor teilweise große Herausforderungen. In Cairns wurde ich kurzerhand abends von meinem Hostel vor die Tür gesetzt, weil ich mich weigerte einen dubiosen und überraschenden Arbeitsvertrag zu unterschreiben. Dummerweise war die Stadt praktisch ausgebucht und bei Dunkelheit alleine durch die Stadt auf der Suche nach Unterkunft zu laufen, wäre eine wirklich dumme Idee gewesen. Ich floh ins nächste, noch ein paar Minuten offene Reisebüro und ließ mir helfen und fand einen netten älteren Herren in meinem Hostel, der mir gerne helfen wollte beim „Umzug“.
Das Bauchgefühl
Das wichtigste, was man beim Reisen braucht – abgesehen von Geld und Reisepass – ist ein gutes Bauchgefühl. Aber keine Sorge, das hat jeder. Es muss nur trainiert werden. Auf sich alleine gestellt zu sein, ohne einen Berater oder wissenden Begleiter, da hört man schon eher auf das mulmige Grummeln im Magen. Und das sollte man stets. Denn unser Unterbewusstsein verarbeitet eine Flut an Eindrücken rasend schnell, ohne, dass wir uns einiger Gefahren bewusst sind. Da sollte man auch nicht auf Großkotzigkeit anderer Mitreisender achten, die einen belächeln. Als ich in Dublin war, zog ich mit Freunden bei Dämmerung durch Dublins Clubs. Ein Ire in unserer Partie warnte uns vor einigen Ecken, die bekannt waren für unbeherrschte Drogenabhängige. Alle außer mir belächelten dies. Der Letzte von uns wurde vor seiner Haustür krankenhausreif geprügelt und ausgeraubt.
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Jetzt du: Wie findest du alleine reisen? Wäre das was für dich? Hast du es schon mal ausprobiert oder kennst jemanden, der häufig allein reist?
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